Matheunterricht
Rechenstunde"Wir sind uns einig, dass es ein Problemfeld mit mathematischen Fähigkeiten gibt", sagt Gilbert Greefrath, Didaktik-Professor in Münster und Mitzeichner des Briefes, auf Bitten.
"Aber es stellt sich die Fragestellung, ob Ausbildungsstandards Teil des Konflikts oder Teil der Problemlösung sind. "Die Lehre hat sich aufgrund der Normen bereits in positiver Weise geändert. Eine kompetente Orientierung sollte sicherstellen, dass die Schülerinnen und Schüler nicht - wie in den 90er Jahren gewohnt - Fähigkeiten auflösen, ohne die Lerninhalte zu begreifen.
Aber auch der Beeinflussung durch Ausbildungsstandards sind kaum Grenzen gesetzt. Beispielsweise konnten für Prüfungen im Rahmen des Abiturs nicht die in den Normen und im Klassenzimmer geforderten Fähigkeiten abgerufen werden, wie z.B. die in den Ausbildungsstandards geforderte Qualifikation "Mathematical Communication". Derartige Gesichtspunkte würden dann wahrscheinlich weniger intensiv im Klassenzimmer behandelt werden.
Es gibt viele mögliche Gründe für die schlechten mathematischen Kenntnisse vieler Maturanden. Schwachstellen in Brüchen können sich beispielsweise daraus ergeben, dass die Kinder ab der 7. Schulstufe solche Probleme mit einem Pocket Calculator beheben, d.h. sie würden ihre Fähigkeit verlieren, im Laufe der Jahre ohne Hilfe zu arithmetisieren, bis sie ihr Abi bestanden haben. Eine weitere Ursache für schlechte mathematische Fähigkeiten in einigen Gebieten könnte darin liegen, dass einige Lerninhalte aus den Curricula entfernt und teilweise durch andere ersetzt wurden.
Beispielsweise hätten stochastische und statistische Methoden heute ein höheres Gewichtung als in der Vergangenheit, logarithmische oder gewisse Funktionsklassen würden in der Oberschule weniger Gewichtung haben, sagt Greefrath. Das liegt auch an dem geringeren Volumen des Mathematikunterrichts: der Kürzung der Schulbildung um ein Jahr und der Reduzierung des Umfangs des mathematischen Unterrichts, beispielsweise in den Aufbaukursen (vier oder fünf statt sechs Stunden) oder der Aufhebung der Aufbaukurse in einigen Jahren.
Mit der Eröffnung des Schulgymnasiums für immer mehr Kinder hat sich auch die "Heterogenität der Lerngruppen" erhöht. Wie Brigitte Lutz-Westphal, Professur für Mathematikdidaktik an der FU, die auch die Erklärung gegen den "Letter of Brand" unterzeichnet hat, erklären, verlangen Ausbildungsstandards von den Studierenden, "echte Problemstellungen in mathematische Erkenntnisse umzusetzen". Eine darauf ausgerichtete Lehre erfordert von den Lehrenden sehr gute didaktische und naturwissenschaftliche Fähigkeiten, so dass es für die Lehrenden schwer ist, in eine gute kompetenzorientierte Lehre überzugehen.
Die Mathematiklehrerin der Fachhochschule Frankfurt am Main, Astrid Baumann, ist eine der 130 Unterzeichnerinnen des Brandbriefes gegen Ausbildungsstandards. Keines der Länder, die an der Spitze der Pisa-Tabelle stehen, wird mathematischer Unterricht auf der Grundlage von Fähigkeiten erteilt, sagt sie. Das gute Testergebnis in den neuen Bundesländern basierte auf einer entsprechend langen Geschichte und wurde für den Bildungsmaßstab "torpediert".
Im Sinne der Kompetenzbündelung sollte der Schwerpunkt mehr auf der Umsetzung liegen. "Ich habe nichts gegen Bildungsstandards", sagt Dominique Barthel, seit vielen Jahren Mathematiklehrer am Humboldt-Gymnasium Berlin und in der Physiklehrerausbildung tätig. "Viele Lehrerinnen und Lehrer würden im täglichen Leben nicht auf die Kompetenzorientierung achten oder diese nicht richtig nachvollziehen. Die Normen für die Einzelfächer sind "sehr offen" und daher schwierig umzusetzen: "Wo ist das Praxishandbuch für die Praxis?
Aber wie kommt es, dass die Ergebnisse von Pisa besser werden, während der Anschein erweckt wird, dass die mathematischen Fähigkeiten nachlassen? Bei den 130 Autoren des Newsletters wird davon ausgegangen, dass die Schülerinnen und Schüler lediglich die Bewältigung des Aufgabenformats erlernen, aber nicht verstehen, was sie tun. Aber sollte die Kompetenzausrichtung der Lehre nicht diese "Lehre auf die Probe" vereiteln?
Die Mathematiklehrerin Barthel sagt, dass es einigen Lehrkräften trotz ihrer Kompetenzorientierung vor allem darum geht, die Teilnehmer für die Abschlussprüfung "auszubilden". Anschließend übten die Schülerinnen und Schüler, in der Untersuchung den korrekten Ansatz zu wählen, d.h. die Aufgabenstellung, wie z.B. eine Kurvenbesprechung, zu bewältigen, ohne nur "mechanisch nach Plan F" tiefer zu verstehen. Diese Problematik, die schon lange vor der Etablierung von Ausbildungsstandards bestand, war durch die neue Aufgabenstruktur nicht gelöst worden.
Dieses alte Problemfeld wird auch durch neue Anforderungen in den Curricula untermauert. Heute besuchten wesentlich mehr Kinder als zuvor das Schulgymnasium, "obwohl die Kompetenz der Menschen nicht gestiegen ist", wie Barthel sagt. "Um das Problemfeld Bildungsniveau zu bewältigen, müssen die Normenkritiker sowohl mit ihren Verfechtern als auch mit den Schülern zusammenkommen: "Eigentlich ist nicht jeder so weit auseinander", sagt Barthel.